Vorbemerkung
Für Leserinnen und Leser, die die Details des IZs nicht kennen, gibt es hier Hintergrundinformationen:
- Info 1: Die Eigentumsverhältnisse und Stimmrechte beim IZ
- Info 2: Die aktuelle Finanzsituation der PIZ
- Info 3: die Beschlusslage bei der Sanierung
- Info 4: Die rechtliche Situation
- Info 5: Folgen einer Insolvenz
- Info 6: Kosten und Finanzierung einer hannoverschen Lösung
- Info 7: Von den Eigentümern bei einem Sanierungsverfahren zu zahlende Ausgleichsabgabe
Die am 30.01.2023 veröffentliche Fassung ist nach zwischenzeitlichen weiteren Arbeiten insbesondere bei den Hintergrundinformationen geringfügig verändert worden.
Unten finden Sie die Fassung mit dem Stand 17.02.23. Darüber hinaus gibt es eine wesentliche Änderung: Im Denkschrifttext steht bisher unter anderem, der Oberbürgermeister solle zur Bildung eines „hannoverschen Konsortiums“ einladen, dass eine Revitalisierung koordiniert und die PIZ-GmbH kauft. Davon abweichend macht die Denkschrift-AG der Zukunftswerkstat jetzt den Vorschlag, dass die Stadt kurzfristig einen dafür geeigneten Sanierungsträger beauftragt und dass dieser dann umgehend mit den vorbreitenden Untersuchungen für ein öffentlich-rechtliches Sanierungsgebietsverfahren beginnt. Den kompletten Text dieses Vorschlages können Sie über denkschrift@zukunftswerkstatt.info anfordern.
A: Ausgangssituation:
- Nach Auskunft der Hausverwaltung des IZ ist der 85%-Großeigentümer des IZ, die im Besitz von Herrn Windhorst befindliche PIZ GmbH, seit April 2022 mit inzwischen über zehn Mio. € Zahlungsverpflichtung für die Sanierung im Rückstand. Außerdem habe die PIZ für die mit der Stadt Hannover (LHH) vertraglich vereinbare Verpflichtung zur Fassadensanierung noch keinerlei Zahlungen geleistet (alles Stand Mitte Januar 2023).
- Wenn Herr Windhorst ohne Insolvenz aussteigen möchte, wird sich kein seriöser neuer auswärtiger Käufer finden (der dann auch noch verpflichtet wäre, mindestens 50 Mio. € in die Sockelsanierung zu stecken). Denn ohne die Mieteinnahmen von enercity und der LHH und ohne neue große Ankermieter kann man dort nicht mehr wie in der Vergangenheit Gewinne abschöpfen.
- Also besteht die Gefahr, dass der nächste unseriöse auswärtige Investor einsteigt, insbesondere ein Kapitalfonds ohne eigene Projektentwicklungsexpertise und ohne Kenntnis der besonderen Situation dieses Gebäudekomplexes. Dies würde bedeuten, dass es im IZ zum Stillstand der Sanierung kommt und der Revitalisierungsprozess auf den Stand von 2006 zurückfällt. Nach den Informationen in den Wochenzeitungen SPIEGEL und WIRTSCHAFTSWOCHE ist die Finanzsituation der Windhorstgruppe so prekär, dass auch damit gerechnet werden muss, dass die PIZ Insolvenz anmeldet, um sich damit der gerichtlichen Sanierungsverpflichtung zu entziehen.
- Wir begrüßen es, wenn die Stadt Hannover den Folgevertrag für die Anmietung von Büroräumen im IZ umgehend kündigt. Doch dies kann nur ein erster Schritt sein: Notwendig ist unseres Erachtens eine „hannoversche Lösung“ mit einem öffentlich-rechtlichen Sanierungsverfahren. Im Folgenden wird eine Möglichkeit aufgezeigt, wie diese Baumasse mitten in der Stadt zu einem Leuchtturm der Stadtentwicklung werden kann.
B: Zehn Vorschläge für eine „Hannoversche Lösung“ für das IZ
Insgesamt gibt es heute im IZ ca. 1.500 Bewohner:innen, Büroflächen für ca. 1.500 Beschäftigte und ein nicht mehr nutzbares ca. 60.000 m² großes ehemaliges Einkaufszentrum. Die folgenden Vorschläge beziehen sich ausschließlich auf die der PIZ gehörenden Flächen (und die geringen Flächen der „kleinen Gewerbeeigentümer) und die Gemeinschaftseigentumsflächen in den Sockelgeschossen. Nicht Gegenstand der Vorschläge sind die 632 Wohnungen der ca. 530 Privateigentümer. Die Privateigentümer regeln ihre Angelegenheiten selber und finanzieren sie in Teileigentümergemeinschaften der einzelnen „Wohntürme“.
Die folgenden Vorschläge sind die Zusammenfassung und eine Aktualisierung von Unterlagen, die die Zukunftswerkstatt IZ zusammen mit Stadtplaner:innen und Architekt:innen, u.a. von der Leibniz-Universität schon 2016 erarbeitet hat: Viele weitere Details finden sich im 120-Seiten-Buch „Brutal Schön“.
- Öffentlich-rechtliches Sanierungsverfahren zur Neuordnung der Eigentumsstruktur in den Sockelgeschossen
Bei der Eigentumsstruktur der Sockelgeschosse kann heute ein einzelner der ca. 545 Eigentümer jeden wesentlichen Sanierungsschritt blockieren. Daher kann eine Sanierung/Revitalisierung nur erfolgreich sein, wenn man diese als rechtlich festgelegtes Sanierungsgebiet gegen Interessen Einzelner durchsetzen kann.Bei der Situation im IZ und seiner Ausstrahlung in die benachbarten Stadtteile handelt es sich eindeutig um einen städtebaulichen Missstand, und das Baugesetzbuch mit seinen Eingriffsmöglichkeiten in Privateigentum ist eigentlich genau richtig, ein öffentlich-rechtliches Sanierungsverfahren durchzuführen. Es besteht jedoch Einvernehmen, dass eine Stadtumbausatzung oder ein anderes öffentlich-rechtliches Instrument im Normalfall (außer zur Gefahrenabwehr) nicht gegen den Willen eines 85%-Großeigentümers an der Privatimmobilie durchgesetzt werden kann. Also ist es zwingend, einen Großeigentümer zu haben, der mit einem öffentlich-rechtlichen Sanierungsverfahren einverstanden ist.
- Übernahme der PIZ-Wohnungen
Ein hannoversches Wohnungsunternehmen oder -genossenschaft, eventuell ein Zusammenschluss mehrerer Akteure, sollte die 172 PIZ-Wohnungen mit 11.500 m² Wohnfläche übernehmen. 135 davon befinden sich im Hochhaus Immeplatz 1, das zurzeit für ca. 5 Mio. € teilsaniert wird. - Enercity-Hochhaus und die übrigen Büroflächen
Das demnächst leerstehende Enercity-Hochhaus (25.500 m²) und die der PIZ gehörenden ca. 26.150 m² Büroflächen sollten von einem oder mehreren hannoverschen Immobilienentwicklern übernommen und saniert werden. Die Stadt sollte nach der Sanierung dort wieder Flächen im bisherigen Umfang anmieten (durch Abmietung an anderer Stelle). Eine Studie des Fachbereichs Architektur der Leibniz-Universität hat außerdem ergeben, dass im Enercityturm neben Büronutzungen in den oberen Stockwerken auch attraktive Wohnungen möglich sind. Details siehe „Brutal Schön“ ab Seite 110. - Weitere Wohnflächen mit attraktiven halbprivaten Grünflächen
Die weitgehend leerstehende Bebauungszeile entlang der Blumenauer Straße (12.700 m²) ist aufgrund der Ausrichtung teilweise sehr gut zur Umnutzung zu Wohnungen geeignet. Durch die hohe Verdichtung und die Erschließung aller Wohnungen mit Fahrstühlen kann im IZ ein fein abgestuftes System an Flächen in barrierefreien Wohnungen angeboten werden. Im südlichen Bereich der Blumenauer Str. könnte eine stationäre Pflegeeinrichtung etabliert werden.
Die ehemalige Ladenpassage des Einkaufszentrums im 1. OG zwischen den vorhandenen Wohnungen rechts und den neuen Wohnungen links könnte in eine attraktive den Bewohner*innen vorbehaltene Grünfläche umgewandelt werden.Graphik aus dem Konzept RKW 2016
Die Punkte B 2. bis B 4. könnten ggfs. in Zusammenwirken mit der vom Land geplanten Landeswohnungsgesellschaft angegangen bzw. umgesetzt werden.
- „Produktive Stadt“ im Sockelbereich
Überholte städtebauliche Nutzungseinschränkungen und der derzeitige Druck auf den innerstädtischen Bodenmarkt drohen das Stadtteilgewerbe weiter in monofunktionale Gewerbegebiete in den Vororten zu verdrängen. Das IZ bietet die Chance, Betriebe in der Stadt zu halten, neue anzusiedeln und ein Start-Up-Zentrum für gewerbliche Produktion zu schaffen. Durch die Digitalisierung werden Teile der Produktion kleinmaßstäblicher und stadtverträglich. Die Produktion profitiert von der innerstädtischen Lage: Der Zugang zu qualifiziertem Personal ist leichter. Die Nähe zu Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen verbessert die Entwicklungsdynamik. Der direkte Marktzugang in der Stadt wird zum Standortvorteil.
Die Kombination einer modernen digitalisierten Produktion mit Ökonomieprojekten für Geflüchtete und dem Stadtteilkleingewerbe bietet große Integrationspotenziale.
Der Großteil des Sockels würde durch die vorgeschlagene Nutzung belebte Fassaden erhalten und über Lichthöfe zwischen den Gebäudezeilen der Obergeschosse würde der Sockel mit Tageslicht versorgt. - Einzelhandelsflächen im Sockelbereich
Einzelhandelsflächen für den Stadtteilbedarf sollten in einer stadtteilverträglichen Größe an den beiden Köpfen am Küchengarten und am „Schwarzen Bären“ konzentriert werden. - Verbesserung der Anbindung nach Linden-Nord und Linden-Süd
In den letzten Jahren wurde ein detailliertes Konzept für eine Neugestaltung der Verkehrsbeziehungen am Küchengarten erarbeitet (siehe Graphik) und es ist an der Zeit, dies umzusetzen: Im Zusammenhang mit der Neuerrichtung des Hochbahnsteigs am Küchengarten und der Sanierung der Spinnereibrücke wird das 50 Jahre alte Verkehrskonzept an aktuelle Anforderungen angepasst. Die Elisenstraße wird nur noch direkt über die Spinnereistraße erschlossen. Öffentlicher und privater Nahverkehr werden neu sortiert. Die für das Gelingen der Mobilitätswende notwendige Verbesserung der Rad- und Fußwegverbindungen werden nach heutigen Maßstäben umgesetzt. Bisherige Kfz-Verkehrsflächen werden zurückgewonnen. Straßenprofile können auf innerstädtisch übliche Querschnitte reduziert werden. Der Stadtteil Linden wächst auf das IZ zu. Die Einkaufs- und Gewerbeflächen im IZ werden an die belebte Limmerstraße angebunden. Die Gewerbe- und Einzelhandelsflächen im Erdgeschoss des IZs beleben die Blumenauer Straße. Sie gewinnt damit ihre historische Bedeutung als Verbindungsachse zwischen „Schwarzer Bär“ (Linden-Süd) und Limmerstraße (Linden-Nord) zurück. - Ein Mobilitätshub
Die Neuordnung von privatem und öffentlichem Verkehr würde am Küchengarten zu einem verbesserten Umsteigepunkt des öffentlichen Nahverkehrs führen. Benachbart sollte das Fernradwegenetz an dieser Stelle zu einem Kreuzungspunkt von Nord-Süd und Ost-West-Verbindung vervollständigt werden.
Der Mobilitäts-Hub würde den Sockel des IZs beleben und die Verbindung vom Küchengarten über die Ihme-Aue zum Innenstadtring herstellen. Im Sockel sollte ein Paketverteilzentrum für den Stadtteil entstehen, über das der letzte Lieferkilometer von Fahrrädern und E-Mobilen bewältigt wird, was erheblich zur CO2-Reduktion beiträgt.
Die leerstehende riesige Tiefgarage mit mehr als 2.000 Parkplätzen in zwei Etagen (54.300 m²) bietet erhebliche räumliche Möglichkeiten. Wahrscheinlich ist es sinnvoll, die untere Parkebene stillzulegen, denn die obere bietet voraussichtlich genügend Platz als Stadtteil-Parkhaus und für IZ-Besucher:innen und für den Fuhrpark der Gewerbebetriebe, Bewohner*innen und Beschäftigten im IZ. Noch offen: Die Höhe der Parkebenen ist relativ gering und es ist noch zu klären, ob es wirtschaftlich vertretbar ist, sie auch für höhere Fahrzeuge befahrbar zu machen. Zu klären ist auch noch, wo ebenerdig Parkmöglichkeiten für Lieferfahrzeuge usw. geschaffen werden sollten.
In der Parkgarage wird eine sehr große E-Ladestation eingerichtet, wo Bewohner*innen des Stadtteils und des IZs ihre E-Autos aufladen können. Nach einer Vorstudie können auf ca. 7.700 m² Dachfläche PV-Anlagen installiert werden, die direkt Strom u.a. für Ladestationen liefern könnten. Scheint die Sonne nicht, könnten Stromüberschüsse aus dem benachbarten Heizkraftwerk zur Aufladung genutzt werden. - Das IZ als Kulturort
Die verwaiste Betonstruktur des IZ ist schon heute ein Sehnsuchtsort vieler Kulturinteressierter. Davon zeugen eine große Zahl von Kunstaktionen, Theaterstücken, Konzerten und Ausstellungen, die im IZ in den letzten Jahren stattgefunden haben. Neben der Zukunftswerkstatt IZ bieten die Agentur für kreative Zwischenraumnutzung und die Galerie Brutal Möglichkeiten für die kulturelle Neuinterpretation von Flächen. Die Kulturverwaltung arbeitet an einem Konzept, im 1. OG über den ehemaligen HUMA-Flächen in der Nähe des Schwarzen Bären kulturelle Nutzungsflächen zu schaffen. Alternativ wurde schon 2017 für den Bereich neben der Zukunftswerkstatt ein Konzept für eine Kulturgenossenschaft entwickelt, die dringend benötigte Atelierflächen für bildende Künstler:innen bereitstellen sollte. Rechts zwei Flächenvarianten für 1.000 bzw. 2.000m² für Ateliers, Ausstellungs- und Veranstaltungsräume. Die Zukunftswerkstatt würde die im Eigentum der Ihmeplatz-7E-GmbH befindlichen 250m² in das Konzept einbringen.
- Attraktivierung des Leineuferweges und der Fläche, die früher für einen Jachthafen vorgesehen war
Schon in der Verkaufsbroschüre des Projektentwicklers Dr. Schätzle für die Wohnungen Anfang der 70er Jahre stand zur Erläuterung der Graphik: „Durch die Anlage einer Uferpromenade und der damit geschaffenen Verbindung zu den Herrenhäuser Gärten und dem Maschsee wird das Ihme-Zentrum auch ein Anziehungspunkt für Freizeit und Erholung.“
Am Ende des geplanten Durchganges vom Küchengarten zur Ihme befindet sich eine Fläche, die in der IZ-Planung als Jachthafen vorgesehen war. Hier könnte ein Heimathafen für private Boote geschaffen werden, mit denen man von der Ihme über das Bundeswasserstraßennetz bis in Nord- und Ostsee schippern könnte. Denkbar wäre auch eine Kulturbühne im Wasser und/oder eine öffentliche Ihme-Badestelle.
C: Vorschläge für die weiteren Schritte zu einer „hannoverschen Lösung“
- Grundvoraussetzung für eine „hannoversche Lösung“ wäre ein Bekenntnis von Grün/Rot im Rat der Landeshauptstadt, dass es eine öffentliche Aufgabe ist, eine Entwicklung der Sockelgeschosse im IZ hin zu einem Slum zu verhindern. Es geht um a) die Einbindung des IZ in die Stadt bzw. die umliegenden Stadtteile, b) die Schaffung von zusätzlichem innerstädtischen Wohnraum ohne zusätzliche Freiflächenvernichtungen, c) attraktive neue Arbeitsplätze und d) die Stabilisierung der Wohnsituation von ca. 1.500 Einwohner:innen der Stadt, die heute im IZ wohnen.
- Oberbürgermeister Onay sollte Verhandlungen mit Herrn Windhorst aufnehmen und ihm vorschlagen, dass ein „Hannover-Konsortium“ seine Anteile am IZ übernimmt. Wenn sich abzeichnet, dass Herr Windhorst im Grundsatz bereit ist, seine Anteile an ein „Hannover-Konsortium“ zu verkaufen, sollte im Rat der Landeshauptstadt ein Grundsatzbeschluss zur Ausweisung eines Sanierungsquartiers gefasst werden, um eine Revitalisierung des Stadtquartiers auch gegen Einzelinteressen von IZ-Eigentümern durchzusetzen. Mehr Infos dazu siehe Info Nr. 4.
- Der Rat sollte die Verwaltung beauftragen, umgehend die schon 2009 durchgeführten und für eine Sanierungssatzung zwingend erforderlichen „vorbereitenden Untersuchungen“ zu aktualisieren. Insbesondere muss dort herausgearbeitet werden, wieviel Finanzmittel aus welchen Quellen für die Sanierung und Revitalisierung erforderlich sind und wieviel Städtebauförderungsmittel dafür benötigt werden. In der unten stehenden Info Nr. 6 finden sich von einer Unterarbeitsgruppe der Denkschrift erarbeitete Informationen über die Kosten und die Finanzierung einer revitalisierung durch ein potenzielles „Hannover-Konsortium“.
- Völlig klar ist, dass die Stadt die 85 % des IZs nicht kaufen sollte und bei der aktuellen Finanzsituation auch keine riesigen Beträge einbringen kann. Eine „hannoversche Lösung“ wird nur gelingen, wenn die Last auf viele Schultern verteilt wird. Die Stadt sollte jedoch eine aktive Rolle bei der Koordination aller geeigneten Kräfte übernehmen und außerdem das öffentlich-rechtliche Sanierungsinstrument zur Verfügung stellen. Als erster Schritt sollte der Oberbürgermeister zur Bildung eines „hannoverschen Konsortiums“ einladen. Als Anregung für die Einladungsliste siehe Info Nr. 8 unten.
- Nach dem Starttermin, zu dem der Oberbürgermeister einladen sollte, sollte ein Projektkreis mit eigenen Koordinationsstrukturen gebildet werden, der ein Konzept für das „Neue IZ“ erarbeitet. Erst später muss geklärt werden, wer beim städtebaulichen Verfahren formal Sanierungsträger werden soll. Dies sollte, wie in anderen Städten teilweise üblich, ein öffentlich bestellter Träger sein, da die Stadtverwaltung wegen hoher Arbeitsbelastung voraussichtlich nicht in der Lage ist, das Verfahren zügig umzusetzen. Früher hat die NILEG sowas übernommen, heute könnte das z.B. die Stattbau Berlin GmbH sein.
- Für die Revitalisierung ist zwingend die Bereitstellung von Städtebauförderungsmitteln des Bundes und des Landes erforderlich. Die hannoverschen Bundestags- und Landtagsabgeordneten sollten gebeten werden, in jeweils gemeinsamen Aktionen beim Bundes- und Landesbauministerium entsprechend vorstellig zu werden. Laut Koalitionsvertrag der Bundesregierung soll die Einführung einer „Innenentwicklungsmaßnahme“ als Teil des besonderen Städtebaurechts geprüft werden. Das wäre ein Hebel, wenn sich im weitern Klärungsprozess herausstellt, dass das bestehende Recht für die Umsetzung des in diesem Papier dargestellten Vorgehens nicht ausreicht.
- Für eine Reihe von IZ-Bewohner*innen ist das hier vorgelegte Konzept einer Öffnung in den Stadtteil und mit mehr „Unruhe“ im Innern (Außengastronomie usw.) eine erhebliche Herausforderung, denn sie genießen heute die für eine Großstadt relative Ruhe und Abgeschiedenheit in den „Wohntürmen“. Notwendig ist daher eine intensive Beteiligung der Bewohner*innen durch Veranstaltungen usw. und einen projektbegleitenden Arbeitskreis.
Zum Schluss: Man kann über den bösen Immobilienkapitalismus im Allgemeinen und über politische Versäumnisse der letzten 25 Jahre im Besonderen klagen, doch das löst die Probleme des IZs nicht. Der einzig sinnvolle Weg ist, jetzt nach Ausfall von enercity, der logischen und konsequenten Kündigung der LHH als Ankermieter und der chancenlosen Idee, dort ein neues Einkaufszentrum zu etablieren, Herrn Windhorst und seiner PIZ klar zu machen, dass für ihn auf diesem Invest kein Segen liegt. Wenn die wichtigsten politischen und gesellschaftlichen Kräfte in Hannover an einem Strang ziehen, gibt es eine realistische Chance für eine gute „Hannoversche Lösung“, das IZ zu revitalisieren!
Menschen, die dem Projekt skeptisch gegenüber stehen, werden einwenden, dass aktuell nicht der richtige Zeitpunkt für Investitionen sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass aktuell an verschiedenen Stellen in der Stadt durch klimapolitisch kritisch zu bewertende Abrisse neue Wohn- und Büroflächen geplant werden, gleichzeitig aber hier im Bestand des IZ ein großes Potential, insbesondere auch zur Schaffung von dringend benötigtem bezahlbarem Wohnraum, vorhanden ist.
Die Denkschrift wurde seit dem 30.01.2023 innerhalb einer Woche (Stand 17.02.2023) von ca. 450 Personen in Form einer Petition unterschrieben. Einzelheiten siehe https://www.openpetition.de/!sgsbs
Zusammensetzung der Erstunterzeichner*innen:
56 Bewohner*innen und/oder Eigentümer*innen von Wohnungen im IZ
31 Architekt*innen und/oder Stadtplaner*innen
10 im Kultur- und Kunstbereich besonders engagierte Menschen
20 weitere Fachleute zum Thema der Revitalisierung des Gebäudekomplexes (von Immobilienfachanwalt über Gewerkschaftssekretär, Verkehrsplaner bis zu Fachleuten für ökologisches Bauen und Sanieren)
ca. 200 Anwohner*innen in den benachbarten Stadtteilen Linden und Calenberger Neustadt
ca. 150 andere Interessierte aus der Stadtgesellschaft und von Außerhalb und ohne nähere Angaben bei der Unterschrift.
Wenn auch Sie diese Denkschrift unterzeichnen möchten, klicken Sie bitte hier:
(externer Link zu openpetition.de)Vielen Dank!
Fragen zu dieser Seite richten Sie gern an die AG Planung der Zukunftswerkstatt Ihme-Zentrum und an die Ihmeplatz-7E-GmbH per E-Mail an denkschrift@ihmezentrum.info .
Hintergrundinformationen
(Die Hintergrundinformationen sind nicht Teil der zu unterzeichnenden Denkschrift)
Info 1: Die Eigentumsverhältnisse und Stimmrechte beim IZ
Das gesamte IZ ist ein einziges privates Grundstück im Eigentum der aus ca. 545 Eigentümern bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft IZ. Hausverwaltung der WEG ist die Cardea GmbH, Geschäftsführer Herr Jaskulski. Das IZ hat ca. 50.000 m² „Gemeinschaftsfläche“ (Wegflächen, Treppenhäuser usw.), die allen Eigentümern gehören, und ca. 230.000 m² „Sondereigentumsfläche“, aufgeteilt in 1.004 Grundbucheinheiten. PIZ gehören ca. 185.000 m²:
Größe | Beschreibung |
---|---|
13.445 m² | Bürofläche mit den Adressen Spinnereistr. 3 und Ihmeplatz 5; bisher überwiegend genutzt von der Verwaltung der Stadt Hannover |
25.505 m² | Büroflächen Ihmeplatz 2 (enercity-Hochhaus) |
12.712 m² | Büroflächen Ihmepassage 3-7; teilweise Fachbereich Senioren der Stadt |
51.658 m² | Büroflächen gesamt (plus kleinere Einheiten in anderen Gebäuden) |
65.833 m² | ca. 97 % der Gewerbeflächen in den Sockelgeschossen; die übrigen ca. 3 % gehören ca. 10 „kleinen Gewerbeeigentümern“, darunter ein Studentenheim, eine Kita der LHH und die Räume der Zukunftswerkstatt |
54.320 m² | zwei Stockwerke Tiefgaragen |
11.518 m² | 172 Wohnungen, davon 135 im Wohnturm am Küchengarten (Ihmeplatz 1) |
Für die Entscheidungen in der WEG sind die Stimmrechte der verschiedenen Eigentümer:innen entscheidend: Seit dem Kauf 2019 liegen 84,8 % bei der Civitas Property Group S.A und dort bei der 100%-Tochter Projekt-IZ-GmbH (PIZ). Civitas wiederum gehört zur TENNOR-Finanzgruppe von Lars Windhorst. 11,8 % der Stimmrechte haben ca. 525 Privateigentümer der 634 Wohnungen in den Wohntürmen über den Sockelgeschossen. 3,4 % liegen bei den ca. 10 „kleinen Gewerbeeigentümern“.
Info 2: Die aktuelle Finanzsituation der PIZ
Gemäß Information in der Eigentümerversammlung am 12.12.2012 ist die PIZ seit April 2022 mit inzwischen mehr als 10 Mio. € im Zahlungsrückstand. Seit Monaten können daher keine weiteren Sanierungsaufträge erteilt werden. Außerdem verzögert PIZ systematisch seine Ratenzahlungen für die Betriebs- und Instandhaltungskosten („Hausgeld“), sodass die Hausverwaltung zeitweise nicht in der Lage war, offene Rechnungen zu überweisen. Der PIZ-Geschäftsführer Kindler erklärte in der Versammlung, dass die Tennor-Gruppe von Herrn Windhorst aktuell nicht liquide genug für die Bereitstellung der erforderlichen Mittel für das IZ sei. Auch aktuell (Mitte Januar) sind die mehr als 10 Mio. € Außenstände nicht überwiesen. Drei Jahre nach Kauf der Immobilie hat Herr Windhorst also keinen seriösen Finanzierungsplan für die vertraglich übernommene Verpflichtung zur Sanierung der Gemeinschaftsflächen und zur Herrichtung seiner eigenen Gewerbeflächen!
Info 3: Die Beschlusslage bei der Sanierung
Grundlage der Sanierung ist der Gerichtsvergleich zwischen der WEG und der PIZ-GmbH vom 15.01.2020, mit dem die Gewerbeeigentümer verpflichtet werden, mindestens 50 Mio. € für die Sanierung der Sockelgeschosse aufzubringen. Wenn diese mehr als 50 Mio. € kostet, sind die Gewerbeeigentümer verpflichtet, auch die notwendigen Mehrkosten zu tragen. Die Sanierung bezieht sich nur auf das Gemeinschaftseigentum in den Sockelgeschossen, nicht enthalten sind die Teile, die die PIZ nach der derzeitigen Beschlusslage alleine finanzieren muss: Die Fassadensanierungskosten und die Sanierung des Gewerbesondereigentums der PIZ-GmbH (einschl. z.B. Enercity-Hochhaus). Nach Aussagen der PIZ beträgt die von ihr mindestens benötigte Investitionssumme mindestens 80 bis 100 Mio. €. Wieviel tatsächlich aufzubringen ist, müsste im Rahmen von vorbereitenden Untersuchungen für ein öffentlich-rechtliches Sanierungsgebiet geklärt werden.
Info 4: Die rechtliche Situation
Die Bauverwaltung hat bei der Immobilienfachkanzlei Bethge und Partner eine rechtliche Ausarbeitung erstellen lassen, die zu folgenden Ergebnissen kommt:
Eine Neuordnung der Eigentümerstrukturen durch Maßnahmen des besonderen Städtebaurechts kann nur in den sehr engen Grenzen durch eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme erfolgen. Dies setzt ein umfassendes städtebauliches Konzept der LHH sowie ein hinreichendes Vorliegen erheblicher Missstände, die die gravierenden Maßnahmen zum Wohle der Allgemeinheit rechtfertigen können, voraus. Darüber hinaus muss die LHH zuvor alle denkbaren milderen Mittel wie etwa den freihändigen Erwerb oder den Abschluss von sonstigen städtebaulichen Verträgen, ausgeschöpft haben.
In der Teilungserklärung der WEG vom 14.07.1971 ist außerdem folgendes geregelt, sodass die Hausverwaltung mit der Stadt eine öffentliche Widmung dieser Flächen vereinbaren kann, ohne dass einzelne Wohnungseigentümer dies verhindern können. Zitat:
B I (1) Der gesamte oberirdische Verkehrsbereich für Fußgänger und Kraftfahrzeuge (einschl. Treppen und Rampen, soweit sie nicht im Sondereigentum anderer Raumeigentümer stehen) wird (auch insoweit als dass er nicht dem Gemeingebrauch im Sinne des öffentlichen Rechts gewidmet ist), dem Gebrauch und der Nutzung aller Raumeigentümer wie auch der Passanten eröffnet.
B I (2) Die Miteigentümer erteilen hiermit ihre Zustimmung zur öffentlich-rechtlichen Widmung des Verkehrsbereiches und seiner Bestandteile und ermächtigen den jeweiligen Verwalter, diese Widmung im Namen aller Raumeigentümer gegenüber der Landeshauptstadt zu erklären.
Info 5: Folgen einer möglichen Insolvenz
Wenn PIZ die Hausgeld-Zahlungen wegen Insolvenz einstellt, wäre anders als 2009 bei der Carlyle-Insolvenz keine Bank da, die mit Eigeninteresse in die Zahlungen eintreten würde (Damals hatte die Landesbank Berlin noch Kredite in Höhe von ca. 100 Mio. € in den Büchern stehen und dadurch ein Interesse, dass es weiterging.) Jetzt würde ein vom Gericht eingesetzter Insolvenzverwalter als ersten Schritt die Mieteinnahmen von enercity, LHH und den PIZ-Wohnungen zur Kostendeckung heranziehen. Von den monatlichen 400.000 € Hausgeld entfallen 280.000 € auf die Gewerbeflächen. Fallen die Mieteinnahmen von enercity und LHH in 2024/2025 nach Auszug weg bzw. reichen sie schon vorher nicht, muss dieser Betrag von den übrigen 3 % der kleinen Gewerbeeigentümer alleine getragen werden. Dadurch erhöht sich das „Hausgeld“ der übrigen Gewerbeeigentümer dann um das 32-fache (Verhältnis von 97 % zu 3 %) und somit von monatlich ca. 3,00 €/m² auf ca. 100 €/m²! Dann werden/müssen voraussichtlich die kleinen Gewerbeeigentümer, die in der Regel GmbHs sind, auch Konkurs anmelden. Doch die Kommune LHH mit ihrer Kita-Fläche kann nicht in Konkurs gehen und müsste dann die ca. 3,3 Mio. € jährlich alleine bezahlen.
Außerdem käme die Sanierung jahrelang zum Stillstand. Dabei ist besonders brisant, dass im Rahmen der in den letzten Monaten angefangenen Betonsanierung an vielen tragenden Säulen der brüchige Beton entfernt wurde und jetzt die Eisenstäbe in den Säulen der Witterung ausgesetzt sind. Wenn diese weiter korrodieren, ist auch die Standfestigkeit der Wohntürme gefährdet!
Info 6: Kosten und Finanzierung einer Hannoverschen Lösung
Reaktionen nach der Veröffentlichung der Denkschrift zeigten, dass manche an dem Konzept Interessierte sich nicht vorstellen können, dass es in heutigen Zeiten möglich sein soll, eine ihnen unbekannte aber eventuell gewaltige Summe für eine Hannoversche Lösung für die Revitalisierung aufzubringen. Eine Unter-AG von Fachleuten, die die Denkschrift erarbeitet haben, ist daher tiefer in diese Thematik eingestiegen. Die AG schätzt die Kosten für die gesamte Revitalisierung in einer Höhe von 270 Mio. €.. Ca. 195 Mio. € können von privaten Investoren unter wirtschaftlichen Bedingungen (Vermietbarkeit) finanziert werden. Für die übrigen ca. 75 Mio. € ist eine öffentliche Förderung erforderlich. Da Städtebauförderungsmittel zu je 1/3 von Bund, Land und Stadt finanziert würden, würde die Rate für die Stadt Hannover ca. 25 Mio. € betragen und weil sich die Baumaßnahmen über 5 Jahre erstrecken, sind das ca. 5,0 Mio. € jährlich. Das ist eine im Verhältnis zu den Gesamtausgaben der Stadt, zur Dringlichkeit des Problems und zu den Kosten in anderen Sanierungsgebieten sehr überschaubare Summe. Mit diesem Betrag würde in der Innenstadt ca. 120 zusätzliche Wohnungen zu tragbaren Mieten und 20.000 m² zusätzliche attraktive Gewerbeflächen geschaffen, die Wohnsituation von heute dort wohnenden ca. 1.500 Menschen würde entscheidend verbessert und das IZ würde in die Stadt bzw. die umliegenden Stadtteile eingebunden.
Info 7: Von den Eigentümern bei einem Sanierungsverfahren zu zahlende Ausgleichsabgabe
Zum Abschluss eines Sanierungsgebietsverfahrens fallen für die Immobileneigentümer sogenannte „Ausgleichsbeiträge“ an. Diese richten sich nicht nach den Wertsteigerungen der Wohnungen, sondern nach dem durch die Sanierung gestiegenen Bodenrichtwert des Grundstückes. Dieser beträgt heute beim IZ 700 €/m². Man kann von einer maximalen sanierungsbedingten Bodenrichtwertsteigerung von 20 % ausgehen. Dadurch entstehen pro Wohnung Ausgleichsbeiträge in Höhe von max. ca. 2.000 €. (Der Betrag ist unabhängig von der Wohnungsgröße.) Die Berechnung wie folgt: Den 632 Wohnungen sind 18,9 % der 50.000 m² großen Gesamt-Grundstücksfläche = 9.450 m² zugeordnet (plus PIZ-Wohnungen, die in den 18,9 % nicht enthalten sind und getrennt abgerechnet werden würden). Daraus ergeben sich 14,95 €/m² × heute 700 €/m² Bodenrichtwert = 10.465 € pro Wohnung. Bei einer angenommen sanierungsbedingten Wertsteigerung von max. 20% ergibt sich daraus ein Ausgleichsbetrag in Höhe von max. 2.093 € pro Wohnung.
Fragen zu dieser Seite richten Sie gern an die AG Planung der Zukunftswerkstatt Ihme-Zentrum und an die Ihmeplatz-7E-GmbH per E-Mail an denkschrift@ihmezentrum.info .