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Richtigstellung

17.05.2023, von Hans Mönninghoff

Richtigstellung zu unkorrekten Darstellungen der Stadtplanung zum Ihmezentrum

Herr Warnecke, Leiter des Fachbereiches Stadtplanung der Landeshauptstadt Hannover (LHH), machte bei der Veranstaltung der Zukunftswerkstatt Ihme-Zentrum am 16.05.23 zwei zentrale Aussagen, warum die Vorschläge der Denkschrift der Zukunftswerkstatt zur Sanierung der Sockelgeschosse im Ihme-Zentrum nicht umsetzbar seien, wobei aber die erste Aussage nicht einschlägig und die zweite falsch ist!

A: Nicht einschlägig ist die Aussage, dass man dafür die Zustimmung des 83%-Großeigentümers brauche, diese Zustimmung aber nicht zu bekommen sei und deshalb die Vorschläge nicht umsetzbar seien. Ausgangsthese der Denkschrift ist, dass für alle Entscheidungen zu den Gemeinschaftsflächen in den Sockelgeschossen zwingend eine Stimmmehrheit (50%) und bei wesentlichen Entscheidungen eine ¾-Mehrheit erforderlich ist (dazu mehr bei den rechtlichen Dingen im 2. Teil). Da diese aber mit der Windhorst-GmbH nicht zu erreichen ist, ist es zwingend, Herrn Windhorst über ein Zwangsversteigerungsverfahren aus der Mehrheitsposition herauszubringen (wenn er nicht sowieso über eine Insolvenz aufgibt). Da eine Zwangsversteigerung und auch ein Insolvenzverfahren ca. zwei Jahre benötigen, hat man diese zwei Jahre Zeit, in zwei Schritten vorzugehen:
1) Bekenntnis der Stadtpolitik, dass man einen „hannoversche Lösung“ will, und ein kurzfristiger Beschluss des Rates über eine Vorbereitende Untersuchung. Es ist dringend notwendig, umgehend mit den rechtlich vorgeschriebenen Voruntersuchungen eines Sanierungs­gebiets­verfahrens zu beginnen, auch wenn Herr Windhorst noch keine Bereitschaft zum Verkauf der PIZ-GmbH zu einem angemessenen Preis erklärt hat. Außerdem würde bei den Vorunter­suchungen klar, ob und zu welchem Preis eine Übernahme der PIZ-GmbH akzeptabel ist (die in der Kosten- und Finanzierungs­darstellung der AG Denkschrift genannten Zahlen sind nur grobe Schätzungen). Außerdem muss in der Unter­suchung die Notwendigkeit eines Sanierungs­gebietes herausgearbeitet werden („städtebaulicher Missstand“) und ein realistisches Sanierungs­konzept erarbeitet werden. Bei der Kosten- und Finanzierungs­unter­suchung muss erarbeitet werden, wie hoch die rentier­lichen Kosten sind, die durch die Privat­eigen­tümer*innen zu tragen sind und wie hoch die unrentier­lichen Kosten sind, für die öffentliche Förder­mittel einge­worben werden müssen. Die Vorunter­suchungen können durch ein dafür qualifi­ziertes Büro unter Beteiligung der Betroffenen durchgeführt werden und kosten ca. 100.000 bis 200.000 €. In Vorgesprächen haben zuständige Mitarbei­ter*innen des Landes eine finanzielle Hilfe in Aussicht gestellt, wenn die Stadt auf sie zukommt.
2) Einsatz eines zwischengeschalteten Entwicklungsträgers
Wenn ein schlüssiges Sanierungs­konzept vorliegt, könnte der Stadtrat ein Sanierungs­gebiet förmlich fest­stellen und einen Sanierungs­träger mit der Abwick­lung beauftragen. Der Sanierungsträger:
– kauft die PIZ Hannover GmbHin Absprache mit der Stadt und unter Zusage von Städtebau­förderungs­mitteln von Land und Bund;
– übernimmt dadurch die Sanierungs­verpflichtung für die Gemein­schafts­flächen in den Sockel­geschossen;
– hält das Eigentum an den PIZ-Flächen bis zu deren Übernahme durch mehrere Partner (siehe folgend).

[lsvr_grid_row][lsvr_grid_column size=“3″ breakpoint=“md“ offset=“0″]Investor X
kauft die Büroflächen an der Spinnereistr. und die unteren Etagen des Enercity-Turms, saniert und vermietet sie als Büroflächen, teilweise an die LHH [/lsvr_grid_column][lsvr_grid_column size=“4″ breakpoint=“md“ offset=“0″]Wohnungs­unternehmen und/oder Wohnungs­genossen­schaften und/oder die in Gründung befindliche Landes­wohnungs­bau­gesell­schaft kaufen einerseits die 172 PIZ-Wohnungen und ander­seits die Büro­flächen an der Blume­nauer Straße und die oberen Etagen des Enercity-Turms und bauen sie in 200-300 zusätz­liche Wohnungen um[/lsvr_grid_column][lsvr_grid_column size=“4″ breakpoint=“md“ offset=“0″]Mehrere Partner über­nehmen jeweils Teile der PIZ-Gewerbe­flächen in den Sockel­geschossen; z.B. ein Investor für in kleineres Stadt­teil­versorgungs­zentrum, hannover­impuls für ein Start-Up-Zentrum für digita­li­sierte gewerb­liche Produktion, eine Kultur­stiftung für eine „Kulturetage“[/lsvr_grid_column][/lsvr_grid_row]

Die Denkschrift-AG hat die Anfangsidee, schon jetzt ein „Hannover-Konsortium“ als Entwicklungs­träger zu konstruieren, fallen gelassen, weil solch eine Konstruktion aus 5-10 Unter­nehmen plus Stadt­verwaltung für die viel­fältigen Entschei­dungs- und Finanz­akquisi­tions­prozesse zu schwer­fällig wäre. Auch muss durch einen beim Zwangs­verstei­ge­rungs­termin auftretender Gesamt­bieter ausge­schlossen werden, dass es zum „Rosinen­picken“ kommt: Investo­ren geben Ange­bote für lukra­tive Flächen ab und die nicht vermarkt­baren Flächen bleiben unsa­niert im PIZ-Eigentum.

B: Falsch ist die Behaup­tung von Herrn Warnecke, man brauche für wesent­liche Sanie­rungs­ent­schei­dungen eine Einstim­mig­keit der ca. 545 Eigen­tümer*in­nen und dazu am besten eine Ände­rung der Teilungs­erklärung/‌Gemein­schafts­ordnung (für die man aber auch eine Ein­stim­mig­keit braucht).
In Wirklichkeit sind alle in der Denk­schrift darge­stellten fach­lichen Maß­nahmen ohne Ein­spruchs­mög­lich­keit Einzelner nach der beste­henden Gemein­schafts­ordnung möglich! Für folgende Maß­nahmen ist nur eine ein­fache Mehr­heit erfor­derlich:
Die angestrebte öffent­liche Widmung
In Teil B I.2 der Teilungserklärung von 1971 ist schon beschlossen, dass die Haus­ver­waltung ohne Ein­spruchs­regelung einzelner Eigen­tümer mit der Stadt einen Vertrag abschließen kann, den gesamten ober­ir­di­schen Verkehrs­bereich für Fuß­gänger und Kraft­fahr­zeuge öffent­lich zu widmen. Die Verwal­tung kann dies auch ohne Ein­spruchs­mög­lich­keit Einzelner in die Grund­bücher der Flächen­eigen­tümer eintragen. Das Rechts­gut­achten der Kanzlei Bethge von 2018 hat bestätigt, dass der Beschluss von 1971 noch gültig ist.
Die angestrebte Umwandlung von Büro­flächen in Wohnungen
Zwar ist in § 8 Abs. 1 – 6 der Gemein­schafts­ordnung fest­gelegt, dass die Flächen nur entspre­chend der Fest­legung in der Teilungs­erklärung genutzt werden können (Wohnen oder Gewerbe), doch es gibt dabei Aus­nahmen:
1) Wenn ein Gebäude einem einzi­gen Eigen­tümer gehört (also der Enercity-Turm), gilt nach § 8 (7), dass der Eigen­tümer alleine über die Nutzungen entscheiden kann, wenn andere Eigen­tümer nicht negativ betroffen sind:
2) Die Hausver­waltung kann die Nutzung von Gewerbe­flächen zu Wohn­zwecken ohne Ein­spruchs­recht Ein­zelner geneh­migen, wenn a) dabei der formelle Status als Gewerbe­fläche nicht aufge­hoben wird (und sich dadurch die Kosten­ver­teilung zwischen Gewerbe- und Wohn­eigen­tum nicht verändert) und b) Nachbarn nicht unan­ge­mes­sene Nach­teile haben.
Die angestrebte Neuordnung der Flächen­nutzungen im Erdge­schoss zur Schaf­fung zusammen­hän­gender Gewerbe­flächen („Produktive Stadt“)
Die Lösung: Mit Mehrheitsbeschluss der Eigen­tümer*in­nen werden die nicht mehr als Verkehrs­flächen benö­tigten Gemein­schafts­flächen an anlie­gende Eigen­tümer*in­nen von Sonder­eigen­tums­flächen verpachtet. Die gleiche Verpacht-Lösung ist auch für den früheren Fuß­gänger­bereich der Laden­passage im ersten OG möglich: Da diese Fläche nicht mehr als Verkehrs­fläche benötigt wird, kann sie an Anlieger als Mieter­gärten verpachtet werden. Und da dadurch für einzelne Gemein­schafts­eigen­tümer keine höhere Belastung ent­steht als früher in Einkaufs­zentrum-Zeiten, können Einzelne auch nicht wider­sprechen.
Nur bei ange­strebten bau­lichen Verän­de­rungen am Gemein­schafts­eigen­tum ist eine ¾-Mehr­heit der Eigen­tums­anteile nötig. Wenn mit einer „hannover­schen Lösung“ das gesamte PIZ-Eigen­tum über­nommen wird, hat man diese ¾-Mehrheit!

Zusammenfassung: Für alle Sanierungsentschei­dungen an den Gemein­schafts­flächen in den Sockel­geschossen sind entweder ein­fache oder maximal ¾-Mehr­heiten erfor­der­lich! Die von Herrn Warnecke behaup­tete Einstim­mig­keit ist nicht erforderlich!
Darauf angesprochen sagte Herr Warnecke nach der Veran­stal­tung, er sei miss­ver­standen worden. Die Ein­stim­mig­keit sei nicht bei den Gemein­schafts­flächen in den Sockel­geschossen, sondern nur bei Ein­griffen in die statische Trag­werks­kon­struktion mit Aus­wirkungen auf die über den Sockel­geschossen liegenden Wohn- und Büro­bereiche erfor­derlich. Auch das ist falsch! Wenn die Trag­sicher­heit des Gebäudes gefähr­det ist, es also einzu­stürzen droht, braucht man keine Einstim­mig­keit aller 545 Eigen­tümer für zwin­gende Maß­nahmen, sondern im Rahmen der Gefahren­abwehr kann die Stadt Sanierungs­maß­nahmen anordnen.
Wenn Herr Warnecke Recht hätte, würde das Ihme-Zentrum irgend­wann sowieso zusam­men­brechen, denn es wird nie eine Einstim­mig­keit von geschätzt 1.000 Personen (545 Eigen­tümer*innen, teil­weise Erben­gemein­schaften) geben!

Nur für Vertiefer:innen:
In der Vergangenheit hat die Stadtverwaltung regel­mäßig behauptet, ein von ihr in Auf­trag gegebenes Gut­achten der renom­mierten Immo­bilien­kanzlei Bethge würde bestätigen, dass ein­zelne Eigen­tümer Sanie­rungs­maß­nahmen verhin­dern können, und somit seien die Vorschläge der Zukunfts­werkstatt welt­fremd. Das seit fünf Jahren von der Verwaltung geheim gehal­tene Gut­achten sagt in Wirk­lich­keit Folgendes (wört­liche Zitate aus dem Bethge-Gut­achten kursiv gesetzt):
1) zu Baumaßnahmen und Änderungen der Nutzungen
Gutachten: Nach den Feststellungen des Gutachtens ergibt sich aus den Regelungen der Teilungs­erklärung des IZH ein erfolgs­verspre­chender Ansatz für eine vertrag­liche Regelung zur Nutzung der Flächen einschließ­lich einer dauer­haften Siche­rung unter der Voraus­setzung einer Mit­wirkung der IZ Hannover GmbH und dem Verwalter der Wohnungs­eigen­tümer­gemein­schaft. Eine Zustim­mung sämt­licher Wohnungs­eigen­tümer ist dagegen nicht erfor­der­lich. Es sollte ein Beschluss der Eigen­tümer­versamm­lung über die Bau­maß­nahme ein­geholt werden. Hierzu bedarf es nach den Rege­lungen der Teilungs­erklärung einer Mehr­heit von ¾ aller Raum­eigen­tümer. Diese Mehr­heit wird bereits durch die Mit­eigen­tums­anteile der IZ Hannover GmbH erreicht.
Kommentar: Wenn ein von der Stadt ausge­wählter Entwick­lungs­träger die PIZ-GmbH kauft, hat er ca. 80 % der Flächen und 85 % der Stimm­­rechte in der WEG und kann damit mit seiner Mehr­­heit Bau­maß­nah­men und Nutzungs­ände­rungen durchsetzen.
2) Eine öffentliche Widmung der Wegeflächen ist möglich
Gutachten: Um die öffentliche Nutzung des Weges sicher­zu­stellen, sollte durch die LHH eine Wid­mung des Weges für den öffent­lichen Verkehr aus­ge­sprochen werden. Dazu bedarf es der Zustim­mung der Eigen­tümer. Die Zustim­mung der Eigen­tümer zur öffent­lich-recht­lichen Widmung des gesamten ober­irdi­schen Verkehrs­bereiches für Fuß­gänger und Kraft­fahr­zeuge und seiner Bestand­teile ist bereits in Teil B I.2 der Teilungs­erklä­rung ent­halten. Zu prüfen ist noch, ob die im Gemein­schafts­eigen­tum stehende Teil­fläche, auf der der Fuß- und Rad­weg entstehen soll, unter den in Teil B I.1 der Teilungs­erklä­rung beschrie­benen ober­irdi­schen Verkehrs­bereich für Fuß­gänger und Kraft­fahr­zeuge fällt.
Formulierungen in der Teilungserklärung vom 14.07.1971:
B I (1) Der gesamte ober­irdi­sche Verkehrs­bereich für Fuß­gänger und Kraft­fahr­zeuge (einschl. Treppen und Rampen, soweit sie nicht im Sonder­eigen­tum anderer Raum­eigen­tümer stehen) wird (auch insoweit als dass er nicht dem Gemein­gebrauch im Sinne des öffent­lichen Rechts gewidmet ist), dem Gebrauch und der Nut­zung aller Raum­eigen­tümer wie auch der Passanten eröffnet.
B I (2) Die Mit­eigen­tümer erteilen hier­mit ihre Zustim­mung zur öffent­lich-recht­lichen Widmung des Ver­kehrs­bereiches und seiner Bestand­teile und ermäch­tigen den jeweiligen Verwalter, diese Widmung im Namen aller Raum­eigen­tümer gegen­über der Landes­haupt­stadt zu erklären.
Als weitere Sicherung kann in sämtliche Teil­eigen­tums­grund­bücher eine beschränkt persön­liche Dienst­bar­keit (Wege­recht) einge­tragen werden. Die Eigen­tümer haben den jeweiligen Verwalter der Raum­eigen­tums in Teil B I.4 der Teilungs­erklärung unwider­ruf­lich ermächtigt, die Eintra­gung der Dienst­bar­keit zu Lasten aller Raum­eigen­tümer in das Grund­buch zu bewilligen und zu bean­tragen und den Umfang der Dienst­bar­keit fest­zulegen. Voraus­setzung ist auch, dass die für die Durch­wegung benötig­ten Flächen unter die in Teil B I.1 der Teilungs­erklärung beschrie­benen ober­irdi­schen Verkehrs­bereiche für Fuß­gänger und Kraft­fahr­zeuge fallen.
Kommentar: Die in der Denkschrift gelb darge­stellten Flächen bilden den „gesamten ober­irdi­schen Verkehrs­bereich für Fuß­gänger und Kraft­fahr­zeuge“ und somit ist sowohl eine öffent­liche Widmung als auch die grund­buch­liche Ein­tra­gung persön­licher Dienst­bar­keiten schon heute ohne Ein­spruchs­mög­lich­keit einzelner Eigen­tümer mög­lich! Das gilt aber nur für die Gemein­schafts­flächen. Bei Sonder­eigen­tums­flächen ist die Zustim­mung der Eigen­tümer not­wendig, was beim vorge­schla­genen Sanie­rungs­träger, der die PIZ-Flächen über­nimmt, voraus­gesetzt werden kann. Bei kleinen Sonder­eigen­tums­flächen im gelben Bereich im Erd­geschoss (wohl nur der Brief­marken­händler Sokoll) ist ein frei­williger Flächen­tausch erforderlich.